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19.05.2017

BaZ Interview mit Terri Lyne Carrington «Von Frau­en­get­tos in der Mu­sik hal­te ich nichts»


Die ame­ri­ka­ni­sche Jazz­schlag­zeu­ge­rin Ter­ri Ly­ne Car­ring­ton tritt im Par­terre One auf
 
BaZ: Frau Car­ring­ton, Sie sind Pro­fes­so­rin am Ber­klee Col­le­ge of Mu­sic, wo Sie An­fang der 80er sel­ber Stu­den­tin wa­ren. Wie un­ter­schei­den sich Ih­re Lehr­me­tho­den von de­nen Ih­rer Leh­rer?

Ter­ri Ly­ne Car­ring­ton: Wich­tig ist es vor al­lem, mit den vie­len Ent­wick­lun­gen in der po­pu­lä­ren Mu­sik mit­zu­hal­ten. Dar­um le­ge ich mei­nen Stu­den­ten ans Herz, so viel un­ter­schied­li­che Mu­sik wie nur mög­lich in sich auf­zusau­gen. So sind sie für die künst­le­ri­schen Her­aus­for­de­run­gen ge­wapp­net, mit de­nen sie als Pro­fis kon­fron­tiert sein wer­den. Man weiss ja nie, wann man ein be­stimm­tes Stil­mit­tel brau­chen wird.

 

BaZ: Ihr wohl er­folg­reichs­tes Al­bum ist das Gram­my-ge­kür­te «Mo­ney Jun­gle», ei­ne Hom­ma­ge an den gros­sen Du­ke El­ling­ton. Was ist es an sei­nem Œu­vre, das Sie so sehr fas­zi­niert?

TLC: Für mich re­prä­sen­tiert El­ling­ton die ex­pres­si­ve Frei­heit, die nun mal die Es­senz des Jazz ist. Er hat Ele­men­te aus der in­di­schen und auch der afri­ka­ni­schen Mu­sik so­wie fort­ge­schrit­te­ne kom­po­si­to­ri­sche Tech­ni­ken in sein Werk ein­flies­sen las­sen, oh­ne dass die­ses ab­ge­ho­ben oder ver­stö­rend da­her­kam. Mit mei­nem ak­tu­el­len R'n'B-Pro­jekt Mo­sa­ic2, mit dem ich die­se Wo­che nach Ba­sel kom­me, ver­su­che ich et­was Ver­gleich­ba­res: Ich schrei­be Songs, die zu­gleich ein­gän­gig und an­spruchs­voll sein sol­len.

 

BaZ: The­lo­nious Monk, des­sen 100. Ge­burts­tag heu­er be­gan­gen wird, hat den Jazz ein­mal als Folk-Mu­sik be­zeich­net. Tei­len Sie die­se An­sicht?

TLC: Ja. Auch der Jazz spie­gelt das Le­ben der Men­schen. Nur ver­wen­det er bei die­ser Nach­er­zäh­lung ei­ne an­de­re mu­si­ka­li­sche Spra­che, als man es vom Folk ge­wohnt ist.

 

BaZ: Sie ha­ben un­längst er­zählt, wie Sie einst ein paar we­ni­ge Mi­nu­ten lang mit Prin­ce jam­men durf­ten. Warum dau­er­te die­se Ses­si­on nicht län­ger? Ha­ben Sie sich mit Prin­ce ver­kracht?

TLC: Ach wo. Ich stand ein­fach ein­mal bei ihm im Vor­pro­gramm, da hat er sich für ein Gi­tar­ren­so­lo zu mei­ner Band auf die Büh­ne ge­sellt. Das war sehr cool und für einen Mu­si­ker von sei­nem Rang na­tür­lich un­ge­wöhn­lich. Prin­ce war ei­ner der ganz gros­sen In­no­va­to­ren und Trend­set­ter der letz­ten Jahr­zehn­te. Es wä­re scha­de, wür­de man sich nur we­gen Songs wie «Pur­ple Rain» oder «When Do­ves Cry» an ihn er­in­nern.

 

BaZ: Sie sind oft mit frau­en­las­ti­gen For­ma­tio­nen wie et­wa Ih­rem Trio mit Es­pe­ran­za Spal­ding und Ge­ri Al­len an­zu­tref­fen. Wie stark wirkt sich die Gen­der-Ver­tei­lung auf das In­ter­play in­ner­halb ei­ner Band aus?

TLC: Da­mit Sie mich rich­tig ver­ste­hen: Von Frau­en­get­tos in der Mu­sik hal­te ich nichts. Si­cher tut es ei­ner Band gut, wenn die Mu­si­ker oder Mu­si­ke­rin­nen ge­mein­sa­me In­ter­es­sen ha­ben. Aber mit Gen­der ha­ben die­se Ge­mein­sam­kei­ten we­nig zu tun. Der Sa­xo­fo­nist Greg Os­by kann sich weitaus mehr für das The­ma Mo­de er­wär­men als ich. Was viel­leicht nicht über­ra­schen soll­te, war ich doch schon im­mer ein Tom­boy.

 

BaZ: Wie gut sind Frau­en heu­te im Jazz ver­tre­ten, ei­nem Gen­re, das als Män­ner­bas­ti­on gilt?

TLC: Das Pro­blem sind die all­ge­mein ­ge­rin­gen Er­war­tun­gen, die die Sze­ne und auch das Pu­bli­kum an Jazz­mu­si­ke­rin­nen ha­ben. Wir sind al­le dar­auf pro­gram­miert, von ei­nem Mann mit ei­nem Bass mehr zu er­war­ten als von ei­ner Frau, die das glei­che In­stru­ment be­dient. In mei­ner Lehr­tä­tig­keit tue ich et­was da­für, dass sich das än­dert. Ich pa­cke mei­ne Stu­den­tin­nen viel här­ter an als die Stu­den­ten. Mei­ne Rai­son: Die Frau­en sol­len so gut und so zäh wer­den, dass sie die nied­ri­gen Er­war­tun­gen spren­gen, die an sie ge­stellt wer­den. Ver­ges­sen wir nicht, dass die Gen­der­kon­flik­te schon in den Mu­sik­schu­len be­gin­nen, wo ­Stu­den­tin­nen oft die Avan­cen ih­rer Leh­rer und Mit­schü­ler ab­weh­ren müs­sen.

 

BaZ: Ron Car­ter sag­te neu­lich, dass man heu­te mehr Frau­en im Jazz an­trifft, weil Mu­si­ke­rin­nen sich auf Tour­nee heu­te viel woh­ler füh­len als frü­her.

TLC: Das hat er ge­sagt? Frau­en ha­ben in der Mu­sik die glei­chen Pro­ble­me wie in an­de­ren Be­ru­fen, was es noch schwie­ri­ger macht, ei­ner Kar­rie­re nach­zu­ge­hen, als es oh­ne­hin schon ist. Ehe, Fa­mi­lie, Haus­halt, das sind Ver­pflich­tun­gen, die sich kaum mit die­sem Be­ruf in Ein­klang brin­gen las­sen. Viel­leicht weiss Ron et­was, was ich nicht weiss. Ich glau­be eher, dass er als Mann ein­fach die gan­ze Kom­ple­xi­tät des Jazz­pa­tri­ar­chats nicht er­ken­nen kann.

 
 
 
In der Män­ner­do­mä­ne

Frü­hes Ta­lent. Die Ame­ri­ka­ne­rin Ter­ri Ly­ne Car­ring­ton, ge­bo­ren 1965 in ­Med­ford, Bun­des­staat Massa­chu­setts, ge­wann be­reits mit elf Jah­ren ein Schlag­zeugs­ti­pen­di­at für das re­nom­mier­te Ber­klee Col­le­ge of Mu­sic in Bo­ston. Nach ih­rem Ab­gang sam­mel­te Car­ring­ton wich­ti­ge Stu­dio- und Büh­nen­er­fah­run­gen mit il­lus­t­ren Mu­si­kern wie Diz­zy Gil­le­spie, Stan Getz, Her­bie Han­cock, Way­ne Shor­ter und Al Jar­reau. Seit 2007 ist Car­ring­ton Pro­fes­so­rin an ih­rer al­ten Mu­sik­schu­le, sie fin­det aber wei­ter­hin Zeit, ei­ge­nen ­Pro­jek­ten nach­zu­ge­hen. In Ba­sel tritt Car­ring­ton mit ih­rer Soul- und R'n'B-Band Mo­sa­ic2 auf. Am Mi­kro­fon steht Chi­na Mo­ses, die Toch­ter von Dee Dee Bridge­wa­ter.

 

Par­terre One, Ba­sel. Fr, 19. Mai, 20.30 Uhr. Sa, 20. Mai, 21 Uhr. www.groo­ve­now.ch


© Basler Zeitung, online@baz.ch


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